Abmischen
Tutorial + Grundlagen für deinen Song Mixdown
Was ist Abmischen (Mixing) von Musik überhaupt? Was ist die Kunst beim Mixdown oder ist es ein Handwerk? Wie unterscheidet sich das Abmischen von Gesang und Vocals vom Rap abmischen? Und welche Effekte brauchst Du für feinen Klang? Auf dieser Seite findest Du ein großes Tutorial: Abmischen in Schritten, Links zu vertiefenden Artikeln plus diverse Tipps & Tricks – damit Du deinen Songs einen professionellen Mix verleihen kannst.
Tutorial: Abmischen – Was ist das eigentlich?
Wenn eine Band oder ein Orchester live spielt, hörst Du eine Summe der Schallereignisse der einzelnen Instrumente. Sie vermischen sich wie die Farben auf einer Staffelei oder wie die verschiedenen Gewürze eines guten Gerichts.
Die Position und die Lautstärke der Einzelinstrumente der Band bestimmen deren Wichtigkeit und Funktion. Deshalb steht die Sängerin oder der Sänger mittig vorne auf der Bühne, während Lautes, Füllendes wie Schlagzeug oder Bläser eher in den hinteren Reihen anzutreffen sind.
Es ist wie bei einem Gemälde: Das Sujet im Vordergrund muss präsent und ein Blickfang sein, der Hintergrund dient hingegen dazu, das Hauptmotiv zu unterstützen und es ins beste Licht zu rücken.
Sobald Du für deinen Mix nur einzeln (in Mono) aufgenommene Klänge zur Verfügung hast, musst Du sie so verteilen, dass ein Raumgefühl entsteht und Du in deinem geistigen Auge die Band oder das Orchester spielen sehen kannst.
Abmischen, also ein gekonnter Mixdown bringt die Message des Songs zum Ausdruck.
Lies auch: Rap Mixing Tutorial
Fachjargon zum Abmischen
Vorneweg wollen wir einige wichtige Begrifflichkeiten rund ums Song abmischen klären.
DAW
Die modernen Mischprogramme, die sogenannten DAWs (Digital Audio Workstation), sind mit ein paar wenigen Ausnahmen immer noch den analogen Mischpulten und Bandmaschinen nachempfunden.
Kanalzug/Kanal
Jedes Instrument wird auf einen eigenen Kanalzug gelegt, mit dem man die Instrumentenlaustärke bearbeiten und den Sound mehr auf den einen oder den anderen Lautsprecher lenken kann. Somit kannst Du jedem Instrument einen Platz im Mix zuweisen.
Regler
Der Schieberegler für die Lautstärke heißt (Volume-)Fader. Der Drehregler zum Verteilen des Klangs nach links und rechts ist mit Panorama betitelt (auch kurz »Pan« oder »Bal« für »Balance«). Der Kanal des Instruments wird Track oder Spur genannt.
Arrangierfenster
Zur visuellen Unterstützung besitzen die heutigen Programme ein sogenanntes Arrangierfenster. In diesem Fenster kannst Du alle Instrumente und Gesänge im zeitlichen Ablauf sehen. Jede Spur hat eine eigene Zeile und Du kannst sehen wann und wo welches Instrument spielt.
Die drei Achsen
Um ein Schallereignis in der echten Welt verorten zu können, brauchen wir drei Parameter. Dazu schauen wir, wie es die Natur uns vormacht und versuchen dies später beim Mixdown sinnvoll nachzubilden.
Zunächst stellen wir uns ein einfaches Gittermodell vor:
1. Tiefe
Je weiter eine Schallquelle von uns entfernt ist, desto leiser erklingt sie. Bei doppelter Entfernung nehmen wir nur noch etwa die halbe Lautstärke war. Mit dem Volume-Fader bestimmst Du die Lautstärke und somit die Distanz der Schallquelle im Verhältnis zu den anderen Schallereignissen.
Zusätzlich kannst Du ein Hallgerät (Reverb) nutzen. Das ist ein Effektgerät, welches einen Hall oder Raum simuliert. Mit diesem Effekt erreichst Du, dass dein Signal vorne oder hinten in einem Raum steht.
Vergleiche es immer mit bekannten Situationen: Du stehst in einer großen Halle, jemand steht nahe vor dir und spricht dich an. Du wirst die Stimme klar und laut hören. Wenn Du genau darauf achtest, wirst Du dennoch einen kleinen Nachhall wahrnehmen.
Das sind die Abstrahlungen der Schallwellen von den Wänden des Gebäudes. Diese sind aber sehr leise und stören die Verständlichkeit der Stimme nicht im Geringsten. Du kannst der Person deine volle Aufmerksamkeit schenken.
Steht nun jemand weit weg, hinten im Raum sieht die Sache schon anders aus. Die Stimme der Person ist leise und vermischt sich stark mit dem Echo des Raumes. Die Sprachverständlichkeit nimmt ab und alles klingt verwaschen und schwammig.
- Laut und mit wenig Hall -> Schallquelle ist nahe
- Leise und mit viel Hall -> Schallquelle ist weit weg
2. Breite
Stell Dir ein Motorrad vor, das von links nach rechts an dir vorbeifährt. Das Motorrad befindet sich also anfangs links von Dir. Das linke Ohr nimmt den Schall lauter wahr als das rechte, da der Kopf selbst diesen abdämpft und verschluckt.
Außerdem geht Energie verloren, da er um den Kopf herumgeleitet werden muss, also einen weiteren Weg zum Ohr hat.
Das Motorrad fährt weiter und befindet sich nun genau vor Dir. Der Lärm des Motors erreicht nun beide Ohren gleichzeitig und ist auf beiden Ohren gleich laut. Er erscheint mittig. Es ist, als ob Du nur einen Lautsprecher hast, der genau vor dir steht.
Fährt das Motorrad weiter nach rechts, erreicht der Sound das rechte Ohr zuerst und ist auf diesem lauter.
Diese Lautstärkeunterschiede kannst Du mit dem Panoramaregler einstellen. Bilde mit den verschiedenen Positionen der Instrumente ein kohärentes Bild. Stell dir immer reale Situationen auf einer virtuellen Bühne vor.
Das Schlagzeug wird eher mittig stehen, die Sängerin und der Gitarrist sollten gut sichtbar vorne stehen. Die Sängerin steht in der Mitte, die Gitarre darf leicht links oder rechts neben der Sängerin platziert werden. Der Bass ist meistens mittig mit den Drums angeordnet und die Keyboards bilden einen Gegenpol zur Gitarre.
Je mehr Klänge in einem Projekt vorhanden sind, umso schwieriger wird es, sie im Panorama zu positionieren.
3. Höhe
In der Tontechnik sprechen wir von tiefen und hohen Frequenzen. Kurz: Bässe (Low End) und Höhen (Top End). Dazwischen unterteilen wir das Frequenzspektrum in tiefe und hohe Mitten.
Hohe Töne schweben eher über dich weg, tiefe Töne rumpeln am Boden entlang. Mit diesem Wissen kannst Du deine Spuren oben im Raum oder unten platzieren. Eine Kick-Drum, die viel Bass besitzt, wird immer tief und erdig wahrgenommen. Auf der anderen Seite klingt eine Trompete strahlend und luftig.
Im folgenden Audiobeispiel hörst Du ein Skateboard auf einer Halfpipe. Achte auf die Position des Skaters.
Die wichtigsten Werkzeuge zum Song abmischen
In der digitalen Audiowelt nutzen wir zur Klangbearbeitung sogenannte Audio Plugins. Das sind Audio-Effekte oder Klangerzeuger, die uns helfen, die einzelnen Elemente zu bearbeiten und aufeinander abzustimmen. Sie wurden meistens eigenständigen Geräten, also Effekt-Hardware nachempfunden.
Wir betrachten die Effekte Equalizer, Kompressor, Hall und Delay …
Equalizer
Um die Frequenzverteilung (Dimension: Höhe) zu bearbeiten, greifen wir auf einen Equalizer zurück. Da gibt es verschiedene Arten. In der Studioumgebung wird vorwiegend der parametrische Equalizer benutzt. Dieser erlaubt es, jede beliebige Frequenz und deren Nachbarfrequenzen anzuheben oder abzusenken.
Du kannst bestimmen, wie viel von den angrenzenden Frequenzen mitbearbeitet werden sollen.
Mehr darüber im Equalizer Tutorial
Einen Equalizer brauchst Du, um Instrumente, die in Konkurrenz stehen (z.B. E-Gitarre und Gesang), im Frequenzbild gegeneinander abzugleichen. Ist der Gesang wichtiger als die Gitarre, so nehmen wir wichtige Frequenzen der Gitarre weg, die dem Gesang im Weg stehen. Mit dem Equalizer kannst Du diese Spuren voneinander trennen.
Zusätzlich wird der Equalizer dazu verwendet, den Charakter eines Instruments hervorzuheben und gleichzeitig die störenden Anteile des Klangs hintergründig zu gestalten.
Ein erfahrener Mixing Engineer kennt die Stärken jedes Instrumentes und bearbeitet das Frequenzspektrum jedes einzelnen Tracks. Er senkt beispielsweise bei der Gitarre die Bässe ab, damit sie dem Bass nicht in die Quere kommt oder entfernt den Keyboards die hohen Frequenzen, damit sie den Background Vocals nicht den Platz streitig machen.
Lies auch: Das große Equalizer 1×1
Kompressor
Eines der wichtigsten Effekte fürs Abmischen ist der Kompressor. Dieses Hilfsmittel aus der Kategorie der Dynamikeffekte erlaubt es erlaubt dir, den Kontrast zwischen den lautesten und den leisesten Stellen deines Signals zu bearbeiten.
Das geschieht in ganz kurzer Zeit. Wir sprechen nicht vom Laustärkeunterschied zwischen Strophe und Refrain eines Songs, sondern von unterschiedlichen Pegeln einzelner Silben oder Tönen.
Mit einem Kompressor kannst Du eine Spur so bearbeiten, dass sich knackiger klingt oder »eingeebnet« wird. Du bearbeitest damit das Ein- und Ausschwingverhalten eines Klangs.
Mehr: Wie funktioniert der Kompressor?
Einen Kompressor wendest Du beispielsweise an, wenn bei einer Gesangsspur gewisse Wörter oder Passagen unnatürlich (laut) hervorstechen. Diese kannst Du mit dem Kompressor leiser machen. In der Folge kann die gesamte Spur im Pegel angehoben werden, was sie mehr in den Vordergrund stellt.
Mit dem Kompressor ist es möglich, matten Instrumenten wieder mehr Leben einzuhauchen. Im Allgemeinen wird der Kompressor aber dazu verwendet, Signale gleichförmiger und somit einfacher verständlich zu machen. Wie überall gilt: Immer mit Vorsicht anwenden und das Signal nicht überwürzen.
Mehr Dynamik mit dem Kompressor
Hall
Jedes Schallereignis spielt sich in einer spezifischen Umgebung ab. Sei es das Jodeln in den Bergen, das Konzert im Club oder das Schreien der Menschenmenge im Stadion. Jede Örtlichkeit hat ihren eigenen Klangcharakter. Das menschliche Gehör kann sehr genau anhand der abgestrahlten Schallwellen bestimmen, in welcher Umgebung sich der Klangerzeuger befindet.
Ein Hallgerät simuliert diese unterschiedlichen Umgebungen. Wenn Du jedes Signal mit dem gleichen Halleffekt bearbeitest, schweißt das alle Instrumente zusammen – alle scheinen sich in ein und demselben Raum zu befinden.
Zusätzlich kannst Du die Tiefenstaffelung (Dimension: Tiefe) mit dem Hallgerät beeinflussen und Instrumente beliebig in den Vorder- oder Hintergrund stellen.
Video
🎬 Hall abmischen
Mehr zum Thema: Hall abmischen »
Delay
Der Hall hat jedoch einen Nachteil. Er verwäscht das Signal und sorgt dafür, dass es nicht mehr richtig greifbar wird. In einigen Fällen ist das erwünscht, vielmals aber nicht. Dann greifst Du am besten zu diesem Effekt.
Dieser Effekt bildet das Echo in den Bergen nach. Das Ursprungssignal wird zeitlich immer wieder abgespielt und allmählich leiser. Da der Effekt dein Signal nicht dauernd überlagert, entsteht ein luftigeres und saubereres Signal, das dennoch Tiefe hat.
Mehr zum Delay-Effekt
Du kannst diese Effekt auch als musikalisches Stilelement nutzen. The Edge, der Gitarrist von U2, hat das Spiel damit bis zur Perfektion getrieben.
Der Stil beim Abmischen
Je nach Musikgenre variiert die Art und der Stil des Abmischens. So sind Techno und Hiphop viel basslastiger als irische Volksmusik. Und Blues ist viel dynamischer als Rock.
Jeder Musikstil hat seine Eigenheiten, die Du auch vom passiven Hören deiner Musikrichtung kennst.
Dabei spielt die Abhörumgebung eine große Rolle. Popmusik muss im Auto bei laufendem Motor hörbar sein, Breakbeats sollten in einem Club funktionieren.
Je lauter die Musik abgehört wird, desto weniger Dynamik, Bässe und hohe Frequenzen braucht sie. Radiomusik muss sich gegen Alltagsgeräusche in der Wohnung oder im Auto durchsetzen können. Dafür muss Jazz auch bei sehr leisen Lautstärken detailliert wahrnehmbar sein. Am besten hörst Du dir Referenzen des Genres an, den Du gerade abmischst, und analysierst, wie sie bearbeitet wurden.
- Tiefe: Welche Instrumente sind weit vorne? Welche sind hinten?
- Breite: Wo sind die Spuren im Stereopanorama verortet?
- Höhe: Was passiert in den Bässen? Und was im Hochtonbereich?
Die richtige Reihenfolge beim Abmischen
Die schlechte Nachricht zuerst: Es gibt gar keine richtige Reihenfolge. Die gute folgt auf dem Fuß: Du kannst deine Musik in der Abfolge abmischen, wie Du möchtest oder es für gut erachtest.
Aber um beim Song abmischen effizient zu sein, kannst Du folgenden Workflow beachten:
1 | Setzte auf jede Spur im Mischpult nur ein Instrument. |
2 | Gruppiere gleiche Instrumente, um den Überblick zu wahren (alle Gitarren, alle Trommeln, alle Gesänge in eigene Gruppen). |
3 | Färbe dieselben Instrumentengruppen in derselben Farbe ein (z.B. Gitarren grün, Drums rot, Gesang pink, etc.) |
4 | Mit dem Lautstärkeregler und dem Panoramaknopf der einzelnen Spuren platzierst Du nun die Instrumente natürlich im Klangraum. Der Mix sollte jetzt schon einigermaßen funktionieren. |
5 | Mit einem Equalizer entfernst Du die Resonanzen der jeweiligen Spuren. Dasselbe machst Du mit den störenden Geräuschen. |
6 | In einem zweiten Durchgang mit dem Equalizer betonst Du die charakterstarken Frequenzen der jeweiligen Spur. |
7 | Wenn einzelne Laute aus dem Mix hervorstechen, bearbeitest Du dieses Instrument mit einem Kompressor. |
8 | Du kannst auch mehrere Spuren mit einem einzigen Kompressor bearbeiten. Das wird oft bei Schlagzeugtracks gemacht, um die verschiedenen Elemente des Drum Kits zusammenzuschweißen und als eine Einheit erscheinen zu lassen. |
9 | Mit weiteren Effekten wie Hall, Delay, Chorus, Filter, etc. machst Du den Feinschliff und stellst damit die Instrumente endgültig auf ihre Position im Klangraum. |
10 | Am Ende kannst Du mit weiteren Effekten Überraschungen erzeugen oder mit ungewohnten synthetischen Klängen die Aufmerksamkeit auf ein einzelnes Element ziehen. |
11 | Zum Schluss exportierst Du eine Stereosumme deines Songs, die zum Mastering übergeben werden kann. |
Fazit zum Tutorial – Abmischen in Grundlagen
Du kennst nun die wichtigsten Schritte aus dieser Einleitung zum Abmischen. Das Verständnis für die räumliche Anmutung eines Songs ist vielleicht der wichtigste Teil, um einen überzeugenden Mix bzw. Mixdown zaubern.
Alle Spuren können in den folgenden drei Dimensionen mit den entsprechenden Tools positioniert werden:
- Tiefenstaffelung: Lautstärke, Hall und Delay
- Stereobreite: Panorama
- Höhe: Equalizer
Wenn Du jetzt noch weiter in die Details des Abmischens vordringen möchtest, haben wir hier noch einige weitere Mixing Tutorials, Workshops und Ratgeber für dich verlinkt: